
Wenn man im in einem Block wohnt, der möglicherweise aus Betonplatten gebaut wurde und Schall gut überträgt, kann man was zu hören bekommen, wenn die Nachbarn laut werden, vorallem die kleinen. „Kleine“ Nachbarn heißt nicht leise. Gerade Kinder lieben es, laut zu werden. Der eine findet es gut als Ausdruck von wahrem Leben, der andere reagiert genervt und überlegt sich, was er tun kann. Vorab mein Rat wie in allen zwischenmenschlichen Angelegenheiten: erst einmal miteinander reden. Was sagt das Mietrecht dazu? Gibt es allgemein verpflichtende Hausordnungen, an die sich alle halten müssen, klein ob groß? Das Thema Kinderlärm im Mietshaus ist juristisch sehr speziell und führt häufig zu Missverständnissen und Streitigkeiten.
Hier die wichtigsten Regelungen und Urteile zur Thematik:
👶 Grundsatz: Kinderlärm muss hingenommen werden
Der Lärm, der von spielenden Kindern ausgeht, wird von der Rechtsprechung grundsätzlich anders bewertet als Lärm, der von Erwachsenen verursacht wird (z. B. eine laute Stereoanlage oder Bohren).
- Sozialadäquanz: Das natürliche Verhalten von Kindern (dazu gehört Lachen, Schreien, Weinen, Toben und das Herumrennen) gilt als sozialadäquat und ist von Nachbarn und Mitmietern hinzunehmen. Kinder haben ein Recht auf Spielen und normale Entfaltung.
- Keine Minderung der Miete: Der Bundesgerichtshof (BGH) hat klargestellt, dass typischer Kinderlärm aus einer Nachbarwohnung keinen Mangel der eigenen Mietwohnung darstellt und deshalb keine Mietminderung rechtfertigt (BGH, Urteil vom 29.04.2015, Az.: VIII ZR 197/14).
⚖️ Die juristische Abgrenzung: Wann wird Kinderlärm zum Problem?
Obwohl die Toleranzschwelle bei Kinderlärm hoch ist, gibt es Grenzen:
1. Die Nachtruhe (22:00 bis 06:00 Uhr)
- Ausnahmen für Säuglinge: Weinen oder Schreien von Säuglingen oder Kleinkindern in der Nacht muss in der Regel hingenommen werden, da dies nicht steuerbar ist.
- Ältere Kinder: Bei älteren Kindern, deren Schlaf- und Wachzeiten steuerbar sind, muss auch in der Nachtruhe darauf geachtet werden, dass die Ruhe eingehalten wird. Dies betrifft besonders lautes, mutwilliges Toben oder Spielen.
2. Aufsichtspflicht der Eltern
Die Eltern sind verpflichtet, ihrer Aufsichtspflicht nachzukommen. Wenn Kinderlärm über das normale Maß hinausgeht, weil die Eltern ihrer Pflicht nicht nachkommen, kann der Lärm unzumutbar werden. Beispiele:
- Mutwillige Störung: Das stundenlange bewusste Klopfen gegen Heizungsrohre oder Wände.
- Unbeaufsichtigtes Spielen: Lärmendes Spielen im Treppenhaus oder in Tiefgaragen (die nicht als Spielbereiche vorgesehen sind).
3. Besondere Ruhezeiten (Mittagsruhe)
- Typischer, unaufschiebbarer Kinderlärm (z. B. das spontane Weinen eines Kindes) muss auch während der Mittagsruhe oder am Wochenende hingenommen werden.
- Vermeidbarer, übermäßiger Lärm wie das stundenlange Fahren mit Bobbycars in der Wohnung oder das laute Spielen mit Bällen kann jedoch auch während dieser Zeiten untersagt oder eingeschränkt werden.
📝 Tipp für betroffene Mieter
Wenn Sie sich durch Kinderlärm gestört fühlen, sollten Sie:
- Immer zuerst die Eltern ansprechen: Suchen Sie das Gespräch, bleiben Sie freundlich und weisen Sie auf konkrete Zeiten hin, in denen die Lautstärke besonders stört.
- Lärmprotokoll führen: Nur wenn der Lärm nachweislich über das normale Maß hinausgeht und die Aufsichtspflicht verletzt wird, sollten Sie ein Lärmprotokoll führen und den Vermieter einschalten.
Der Vermieter kann die Eltern abmahnen, wenn der Lärm systematisch mutwillig oder exzessiv und unter Verletzung der Aufsichtspflicht verursacht wird.